Der Wolf
Im Jahr 1996 wurde in der Lausitz ein in freier Wildbahn lebender Wolf gesichtet - es war eine Sensation, galt doch der Wolf seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland nach jahrhundertelanger Verfolgung als ausgerottet. 4 Jahre später, im Jahr 2000, konnte das erste reproduzierende Wolfsrudel in der Lausitz nachgewiesen werden. Seit 2006 nimmt die Zahl der Wolfsterritorien und damit auch die von Wölfen besiedelte Fläche in Deutschland kontinuierlich zu. Der Schwerpunkt der Verbreitung liegt zwar noch deutlich in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, aber auch im Westen und Süden des Landes haben Wölfe einzelne Territorien etabliert. Abwandernde Wölfe laufen häufig weite Strecken und können auch in dichter von Menschen besiedelten Gegenden auftauchen.
Der Wolf (Canis lupus) ist die größte Art der Hundeartigen (Canidae) und variiert stark in Größe und Gewicht. Während die größten Wölfe Nordamerikas bis zu 80 kg wiegen, erreichen ihre kleineren Verwandten auf der arabischen Halbinsel nur 15 kg. In Deutschland wiegen erwachsene Fähen 25–35 kg, Rüden 33–43 kg. Jährlinge schwanken zwischen 22 und 47 kg.
Wölfe sind hochbeiniger als gleichschwere Deutsche Schäferhunde, haben kleine, behaarte Ohren und einen buschigen Schwanz. Ihre graue Fellfarbe variiert von gelblichgrau bis dunkelgrau. Auffällig sind ein heller Sattelfleck und eine schwarze Schwanzspitze.
Der Wolf ist ein ausdauernder Läufer und bewegt sich oft im sogenannten geschnürten Trab, wobei die Hinterpfoten exakt in die Abdrücke der Vorderpfoten treten. In Gefangenschaft können Wölfe bis zu 16 Jahre alt werden, in freier Wildbahn sterben sie oft früher.
Wölfe leben in Familien (Rudeln), bestehend aus den Elterntieren und ihren Nachkommen der letzten 2–3 Jahre. Junge Wölfe verlassen das Rudel meist im Alter von 10–22 Monaten, um ein eigenes Territorium und einen Partner zu finden. Manche Jungwölfe bleiben bis zu 4–5 Jahre bei den Eltern.
Die Rangordnung, wie sie in Gefangenschaft vorkommt, existiert in freier Wildbahn nicht. Wolfsfähen sind nur einmal im Jahr, im Winter, läufig. Nach einer Tragzeit von ca. 63 Tagen werden im Frühjahr 4–6 Welpen geboren, die nach 6–7 Monaten fast so groß wie die Eltern sind.
Jedes Elternpaar beansprucht ein eigenes, meist 100–350 km² großes Territorium, abhängig von der Nahrungsverfügbarkeit. Wölfe nutzen ihre Gebiete nachhaltig und benötigen Rückzugsräume in von Menschen genutzten Landschaften.
Grundsätzlich gilt, dass der Wolf an der Spitze der Nahrungspyramide seines Lebensraumes steht. Seine Anzahl in einem Gebiet wird allein vom Nahrungsangebot und ggf. noch von Krankheiten bestimmt, aber nicht durch einen Fressfeind. Gleichermaßen beeinflussen Wölfe natürlicherweise die Anzahl der wildlebenden Huftiere, deren Gegenspieler sie sind. Wölfe sind auf die Jagd auf Schalenwild (Paarhufer) spezialisiert. In Mitteleuropa ernähren sie sich vor allem von Reh-, Rot- und Schwarzwild, örtlich auch von Dam- und Muffelwild. In Skandinavien sind oft Elche oder Rentiere ihre Hauptnahrung. Im Süden Europas, wo wildlebende Huftiere fehlen, können dagegen Nutztiere und Abfall einen wesentlichen Teil der Nahrung ausmachen.
Verbreitung des Wolfes (Canis lupus) auf der Welt nach IUCN-Daten 2016 (http://maps.iucnredlist.org/). gelb - Verbreitungsgebiet, rot - ausgestorben. Quelle: DBBW
Einst war der Wolf die am weitesten verbreitete Säugetierart unserer Erde. Mit Ausnahme von Eiswüsten, Wüsten und weniger Inseln besiedelte er die gesamte Nordhalbkugel. Entsprechend gab es Wölfe in fast allen Lebensräumen der nördlichen Hemisphäre. Wölfe waren in den nordischen Tundren und zentralasiatischen Steppen ebenso heimisch, wie in den unterschiedlichsten Waldtypen. Sie haben sich an die Halbwüsten der Arabischen Halbinsel und an die Insellandschaft der Nordkanadischen Westküste angepasst, wo sie routinemäßig mehrere Kilometer das Meer durchschwimmen. Wölfe sind Habitatgeneralisten. So ist es kaum verwunderlich, dass Wölfe in der Lage sind, sich an mitteleuropäische Kulturlandschaften anzupassen.
Rückzugsräume benötigen Wölfe vor allem, um der Verfolgung durch den Menschen zu entgehen. Wenn sie von diesen toleriert werden, können sie durchaus in enger Nachbarschaft mit ihnen leben. Sie sind nicht auf Wildnisgebiete angewiesen. In Italien kommen sie selbst bis in den Vororten Roms vor, in Spanien leben einige Rudel in ausgedehnten Getreidefeldern.
Wolfsverbreitung in Europa 2006-2011. Dunkle Zellen: permanentes Vorkommen, graue Zellen: sporadisches Vorkommen. Karte: Kaczensky et al. 2013. Quelle: DBBW