DE EN

Erlebnisbericht Wolfswochenende

...einmal neun Stunden von 9 h morgens bis nach der Dämmerung und am zweiten Tag sechs Stunden von 7 Uhr morgens an. Im Schnee, konstant unter null Grad, durch den Wald an verschiedenen Lokalisationen laufen, Spuren verschiedener Wildtiere suchen und lesen, Fotofallen aussortieren, Wolfslosung finden ( Anima, die darauf trainierte belgische Schäferhündin), Tierstimmen unterscheiden und zuordnen, ab und zu einen Kaffee auf einem Gaskocher, belegte Brote und Kekse dazu, und dann an einem Aussichtspunkt langes Warten um die Dämmerungszeiten. 

Am ersten Tag waren wir ganz allein im leichten Schneefall in der Abenddämmerung. Kein Mensch hatte Lust, draußen zu sein. Das hochauflösende, lichtstarke Fernrohr und die Kamera von Stephan konnten die Beobachtungen nah heranholen und Bilder und kleine Videos aufnehmen. Und dann, schon fast in der Dunkelheit, sahen wir ein fünfköpfiges Rudel Wölfe aus den Schlafnestern zur Jagd aufbrechen.  Wilde Wölfe in der Dämmerung im Schnee. Das ist doch unglaublich. 

Am zweiten Tag brachen wir sehr früh in der Dunkelheit auf zum Aussichtspunkt, es waren schon Besucher mit Fernrohren dort, die nach 1-2 Stunden ungeduldig wurden, ihre Sachen einpackten und gingen. Erst danach, es war schon hell, kamen die Wölfe zurück von der nächtlichen Jagd, schneefressend, mäusejagend. Wir hatten reiche Ausbeute in diesen zwei Tagen. Stephan ist einer, der immer ein bißchen länger wartet als die anderen.

Es war aber nicht einfach nur Wölfesuchen und -beobachten und vieles über Monitoring, Geologie, Wolfspolitik und Braunkohletagebau hören. Es war viel mehr. Es war eine ganz andere Art und Weise, zu sehen und zu hören, mit all seinen Sinnen unterwegs zu sein. Weit entfernt von meinem üblichen Alltagsleben, wo alles fokussiert und getaktet ist, ging es hier um das Gegenteil. Um Geduld, Wachsamkeit, Zeitlosigkeit, die Dämmerungen die einzige Zeitmarke, um das Weiten der Wahrnehmung, die Einfachheit outdoor und das Sich-auf-den-Rhythmus-der-Tiere- einlassen.

Und auch Anima als Artenspürhund war ein großer und spannender Teil dieser Erfahrung. Sie war die Verbindung zwischen den Menschen und der Wildnis und eine gute Lehrmeisterin. Als die Wölfe untereinander stritten, hörte sie aus der Entfernung gebannt zu. Sie hat alles verstanden. Das Wochenende war wie ein Wechseln in eine sehr, sehr alte Zeit, in der Menschen und wilde Tiere koexistierten. Ich denke jetzt danach, ich weiß zuviel von den Menschen und zu wenig von der Erde und den Tieren.

Claudia Schmid, Januar 2023

We use cookies to design our website user friendly. more informations | reject all cookies